Nordhalben: Eine durchwegs gute Ernte hat dieses Jahr den Bauern eingebracht, die Anstrengungen haben sich gelohnt und die Nahrung ist für die nächste Zeit gesichert. Im Rahmen des Kreiserntedankfestes mit Gottesdienst in der Nordwaldhalle wurde für die Früchte der Natur gedankt und die vom Menschen geschaffenen Güter mit einbezogen. Die Festansprache hielt Dr. Gerald Thalheim, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
– von Michael Wunder –
Wie Kreisobmann Ewald Münch eingangs sagte, betrachte man das Erntedankfest als Zeichen der Ermutigung. Die Ernährung zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen und die Kulturlandschaft zu pflegen seien unverzichtbare Leistungen der Bauernfamilien. Dies sollte der Bevölkerung gerade an einem Erntedankfest bewußt gemacht werden, sagte Münch. Eine nachhaltige Landwirtschaft im direkten Kontakt mit der Natur und Schöpfung zu betreiben stellt eine erfüllte und verantwortungsvolle Aufgabe dar. Für den Verbraucher ist es inzwischen zur Selbstverständlichkeit geworden, dass er jederzeit alles kaufen kann. Dies ist aber nicht auf Dauer gesichert, zumal das fruchtbare Land nicht vermehrbar ist, die Menschheit jedoch von Jahr zu Jahr um 100 Millionen Einwohner zunimmt. Der Kreisobmann mahnte besonders in der "westlichen Welt" sparsamer mit den Ressourcen umzugehen als in den vergangenen 50 Jahren. Er forderte eine bessere Nutzung der erneuerbaren Energien und sah gleichzeitig darin eine Zukunft für die Bauernfamilien. Der Slogan müsse lauten "vom Landwirt zum Energiewirt", so Münch. An die Adresse des Staatssekretärs richtete er die Forderung den Verwaltungsaufwand und den "Bürokratiewust" zu reduzieren. Das von der Bundesregierung beschlossene "Kombi-Flex-Gleitmodell" bewirke jedoch gerade das Gegenteil. Ewald Münch forderte auch die Dokumentation auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren, weil dies weder Wachstum noch Arbeit bringt. Auch der Milchpreis sei drastisch gesenkt worden, was vor allem die "kleinen und mittleren" Bauern stark belastet. Im Landkreis Kronach gibt es gerade mal einen Bauern, der als Vollerwerbslandwirt mit 110 Milchkühen seinen Betrieb wirtschaftlich weiterführen kann.
In Deutschland wurden ebenso wie in Bayern Rekordernten eingefahren, ging der Festredner Dr. Thalheim auf die derzeitige Lage ein. In den Stolz und die Dankbarkeit der Erträge mischen sich allerdings auch Sorgen ein, so der Staatssekretär. Mit dem Bekanntwerden der guten Erträge fielen zunehmend die Preise. Ein Vergleich mit dem Vorjahr brachte bei Brotweizen mehr als 20 Prozent weniger Einnahmen, bei Brotroggen sind es sogar über 30 Prozent weniger. Für die hiesigen Bauern kommt erschwerend hinzu, dass auch die wichtigen Getreideexportländer sehr gute Ernten eingefahren haben. Ausführlich ging Thalheim auf die EU-Agrarreform und die Auswirkungen für die Landwirtschaft in Deutschland ein. Er sprach dabei von der einschneidendsten Reform seit Bestehen der gemeinsamen Agrarpolitik. Er bat um Verständnis und machte die Notwendigkeit der Reformen deutlich. Um in der laufenden Welthandelrunde aktiv und selbstbewusst verhandeln zu können, war es erforderlich, in Zeiten schlechter Einkommens- und Ertragslagen zu handeln. Das "Kombimodell" trägt am ehesten den sehr unterschiedlichen Agrarstrukturen und Produktionsschwerpunkten in Deutschland Rechnung. Es führt zu einer Angleichung der Prämienhöhen zwischen den Bundesländern, sagte der Gast aus Sachsen. Es führt darüber hinaus zu einer eindeutigen Orientierung auf den Markt durch den Wegfall der produktionsbezogenen Zahlung. Dr. Thalheim sah in dem Abschluss eine weitere Belebung des Welthandels, wovon Deutschland als weltgrößte Exportnation profitieren werde. Die Landwirte in Deutschland werden künftig allein jährlich Zahlungen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro erhalten. Große Probleme gibt es hingegen beim Absatz der Milch, hier stehen schwierige Zeiten bevor. Die Produktionsmenge läßt sich auf dem europäischen Markt nicht absetzen, deshalb muss ein bedeutender Teil exportiert werden. In der Vergangenheit war dies jedoch nicht ohne Exportsubventionen möglich. Der Unterschied zum Weltmarktpreis bei der Butter von 3100 Euro in der Europäischen Union auf 1350 Euro auf dem Weltmarkt musste ausgeglichen werden. Hinzu kommen, so Thalheim, enorme Lagerbestände an Butter und Magermilch. Der Staatssekretär sah hier einen langen Prozess der Anpassung. Als Konsequenz für die Verabschiedung der Europäischen Union aus der Marktregulierung sagte er stärkere Preisschwankungen voraus. Die unternehmerischen Anforderungen an die Landwirtschaft werden noch größer, es gibt mehr Chancen aber auch mehr Risiken. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass sich der eine oder andere Betrieb stärker aus der Lebensmittelerzeugung zurückzieht. Eine künftig stärker genutzte Alternative wird die Erzeugung von nachwachsenden Rohstoffen sein. Mit dem Energieeinspeisungsgesetz sind die Bedingungen für die Energieerzeugung aus Biomasse deutlich verbessert worden.
Der Familie Maaser aus Kaltenbrunn bei Mitwitz wurde die Altbesitzehrung zuteil. Wie Obmann Ewald Münch sagte, kann diese auf Antrag erteilt werden, wenn der Hof mehr als 200 Jahre im Familienbesitz ist. Bei der Familie Maaser, welche in der siebten Generation den Hof bewirtschaftet, sei dies nachweisbar seit 1785 der Fall. Der Hof habe Generationen Brot und Arbeit gegeben. Die Besitzerin Rosita Maaser sei darüber hinaus seit 23 Jahren als Ortsbäuerin tätig.
Bürgermeister Josef Daum sagte, dass man im Jubiläumsjahr gerne Gastgeber des Kreiserntedankfestes sei. Er dankte den Bauern für die Pflege des Landschaftsbildes. Unterschiedliche Probleme, Sorgen und Nöte in der Landwirtschaft konnte Landrat Oswald Marr vernehmen. Der Landkreis versuche hier EU- Mittel, sowie Mittel vom Bund und Land gezielt zu erreichen und einzusetzen. Der Urlaub auf dem Bauernhof biete nach wie vor eine Möglichkeit ein weiteres "Standbein" zu schaffen, so der Landrat. Für ihn sei es unvorstellbar eines Tages auf die Landwirtschaft zu verzichten. Der Oberfränkische Präsident des Bauernverbandes Werner Reihl sagte, um gute Ergebnisse zu erreichen müsse mehr miteinander gesprochen werden. Man könnte die Sorgen nicht verschweigen und setze große Hoffnung in die Umorientierung der Märkte. Bei aller Wertschätzung des Landschaftsschutzes und der Landschaftspflege sollte die Nahrungsmittelproduktion wieder mehr in den Vordergrund gestellt werden. Die Tochter des Heinersberger Obmanns Ramona Thieroff trug in treffender Weise die Geschehnisse um die 850 Jahrfeier der Gemeinde Nordhalben vor. Mit einem Gedicht beteiligte sich Gerda Kürschner am diesjährigen Kreiserntedankfest.
Vorangegangen war ein Festzug vom Gotteshaus zur Nordwaldhalle mit einem beeindruckenden Gottesdienst durch Pfarrer Hans Martin. Er sagte in seiner Predigt: "Am Erntedankfest haben wir allen Grund zu sagen: Gott sei Dank! Hundertfach gilt es zu danken. Allen die täglich für unser Essen und Trinken sorgen. Da danken wir allen Menschen in der Landwirtschaft, im Handel und in der Aufbereitung unserer Speisen". An der Gestaltung des Gottesdienstes hatten auch die Kleinen des Kindergartens und die Gruppe Gemeinsangkeit Anteil.
Die Zahlen aus Bayern:
Hektarerträge bei der Getreideernte:
Jahresmittel von 1998 bis 2002 –> 58 dt/ha
2003 –> 50,6 dt/ha
2004 –> 70,6 dt/ha
Zahlreiche Mitwirkende am Kreiserntedankfest:
Viele freiwillige Helfer sorgten in der Nordwaldhalle für einen von allen Seiten gelobten Rahmen für das Kreiserntedankfest. Mitwirkende waren: Musikkapelle Nordhalben, Gemeinsangkeit, Bäuerinnenchor, Kindergarten und Grundschule sowie der Gartenbauverein. Kreisbäuerin Veronika Kestel dankte am Ende des Festaktes allen Mitwirkenden für ihren Einsatz.
Goldene Worte:
Landwirtschaftlich ausgedrückt:
"Es ist eben nicht alles in Butter".
Dr. Gerald Thalheim zum Produktionsüberschuss der Milch.
Neben einem Spiel, zum Thema Erntedank, brachten die Kinder des Kindergartens und der Grundschule auch Erntegaben an den Alter.Für die herrliche Dekoration der Halle, vor allem im Bereich der Bühne sorgte der Gartenbauverein Nordhalben. Foto: Michael Wunder
Bereits in der siebten Generation wird der Hof der Familie Maaser aus Kaltenbrunn bei Mitwitz betreut. Anlässlich des Kreiserntedankfestes wurde der Familie die Altbesitzmatrikel überreicht. Mit im Bild neben er Familie v.l. Kreisobmann Ewald Münch, Landrat Oswald Marr, Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim, MdB Dr. Heinz Köhler und der Präsident des Oberfränkischen Bauernverbandes Werner Reihl (rechts). Foto: Michael Wunder