– von Michael Wunder –
Die ersten Gottesdienste nach dem Brand fanden am Osterfest statt.
Der durch den Brand aufgehobene Gottesdienst wurde am 23. März 1856, am Heiligen Osterfest, in der Kapelle des Müllermeisters Lorenz Murrmann von der Thomasmühle, "Zur Heiligen Dreifaltigkeit", am Mühlberg wieder begonnen, und vom Hochwürdigen Herrn Pfarrer Stadter eine Stille Messe gehalten,wo
alle Pfarrkinder hinströmten und so unter Gottes freiem Himmel einmal wieder Gott ihr Herz ausschütten konnten. Hierauf wurde das Lied "Sei gelobt und hochgepriesen, Heiligste Dreifaltigkeit" angestimmt, wo kein Auge tränenleer blieb. Rührend war dieser Anblick. In Massen standen die Menschen vor der Kapelle, ihren Blick emporgerichtet zu den Ruinen ihrer Wohnungen, wo noch vor kurzem der altehrwürdige Turm der Marienkapelle, den man von diesem Tal zuerst erblickt hatte, stolz herniederschaute. Aber jetzt war alles der Erde gleich. Doch durch das Gebet gestärkt kehrten die Menschen einigermaßen erleichtert wieder in ihre Wohnungen zurück.
Der Wiederaufbau
Es wurde nun zum Wiederaufbau der Marienkapelle geschritten, um doch wieder ordentlich den Gottesdienst beginnen zu können, welcher während des ganzen Sommers in der abgebrannten, bis auf den Chor, welcher gewölbt und mit einem Notdach versehen war, oben offenen Kirche gehalten wurde. Deshalb schritt man zur Verakkordierung (= Errichtung) der auf 1 300 Florin
veranschlagten Marienkapelle. Diese wurde am 29. August 1856 aufgerichtet und da sie mit 1 200 Florin der Brandversicherungsanstalt einverleibt war, und die Hand- und Spanndienste von der Gemeinde geleistet wurden, konnte dies auch so ausgeführt werden. Von den Bürgern Forchheims erhielt man kostenlos einen Altar, welcher am 24. Dezember 1856 aufgestellt und am 25. Dezember 1856, am Heiligen Weihnachtsfeiertag, zum ersten Mal Gottesdienst darauf gehalten wurde. Die aus dem Schutt herausgegrabene Glockenspeise im Gesamtgewicht von über sieben Zentnern wurde laut Vertrag vom 7. April 1857 von dem Glockengießer Ulrich zu Apolda für knapp 50 Florin je Zentner, somit um den Gesamtbetrag von etwa 350 Florin übernommen und von demselben zwei Glocken mit neun Zentner Gewicht mit den Tönen A und C zu liefern versprochen. Ulrich lieferte nebst diesen zwei Glocken infolge vorheriger Bestellung auch noch eine weitere kleine Glocke. Diese drei Glocken wurden am 28. Oktober 1857 auf dem Turm, über dem ein Notdach errichtet wurde, aufgehängt und sofort stundenlang tüchtig geläutet. O wie sich da jeder Nordhalbener Bewohner freute, nach so langer Zeit wieder ein schönes Geläut zu hören, ist unbeschreiblich. Am 15. November 1857 abends wurden diese Glocken von dem Hochwürdigen Pfarrer Stadter eingeweiht, dieser hielt anschließend auf dem offenen Kirchhof eine zweckentsprechende Rede, worin er das Unglück, das die Bewohner Nordhalbens getroffen, berührte, aber auch Gott, der so viele Spenden durch gutherzige Menschen den Nordhalbenern zuteil werden ließ, dankte und zu festem Gottvertrauen aufmunterte. Hierauf wurde unter Geläute der Glocken das schöne Lob- und Danklied "Te Deum laudamus" angestimmt und dieses mit feierlichen Stimmen von den bereits sämtlich anwesenden Bewohnern, unter welchen man manches tränenvolle Antlitz sah, abgesungen. Diese Szene war aber auch rührend und ergreifend und sie mahnte an die Zeit, wo man in Ermangelung von Tempeln auf freiem Feld Gottesdienst halten musste.
Die abgebrannte Pfarrkirche, welche nur mit 4 400 Florin gegen Brandschaden versichert war, wurde im Jahre 1858 in Angriff genommen. Man beschlossen, die Arbeiten in Regie auszuführen. Am 16. Juni 1858 wurde der Grundstein gelegt, und hierauf die üblichen drei Hammerschläge von dem Landrichter Herrn Martin, Herrn Pfarrer Stadter, Stiftungspfleger Wachter und einigen Magistratsmitgliedern im Namen der Heiligen Dreifaltigkeit getan. Der Hochwürdigste Herrn Pfarrer Stadter verlas eine Beschreibung des Brandunglücks, welche später in den obersten Sockelstein an der südwestlichen Ecke der Kirche, welcher mit der Jahreszahl 1858 versehen ist, gelegt und aufbewahrt wurde. Der Grundstein für das Gotteshaus wurde erstmals im Jahre 1707 gelegt, das Gotteshaus stand bis zum Brand im Jahre 1856. Vom 29. September bis 1. Oktober 1858 wurde ein Teil und am 10. Oktober der andere Teil der Kirche aufgerichtet. Der Kirchturm wurde vom 14. bis 16. Juli 1859 aufgerichtet, und vom bauenden Zimmerermeister Schuberth eine Rede gehalten, die mit Absingen des Liedes "Großer Gott, wir loben dich" und zweimaligem Schießen abgeschlossen wurde. Zum vollständigen Ausbau der Kirche wurde Allerhöchst eine Kollekte bewilligt. Auch wurde aus diesen Kollektengeldern eine große Glocke im Jahre 1859 von dem Glockengießer Ulrich angeschafft, welche eintausend Gulden kostete. Die Orgel wurde von dem Orgelbauer Wiedemann in Bamberg gefertigt; dieser hat sich durch diese schöne Orgel "berühmt" gemacht. Die Altäre und Kanzel wurden von Münchner Bildhauern gefertigt und sind gelungen ausgefallen. Namentlich sind die in den beiden Seitenaltären befindlichen Altarblätter, das eine den Heiligen Schutzengel und das andere die glorreiche Mutter Gottes Maria darstellend, ein Meisterstück. Am 6. November 1859 wurde die Kirche unter Anwesenheit mehrerer Geistlicher von dem Hochwürdigen Pfarrer und Dechant Herberich zu Teuschnitz benediciert. Diese Feier wurde durch Halten einer geistvollen Rede und eines Hochamtes mit "Te Deum laudamus" beendet und verschönert. Auch die Wohnhäuser wurden binnen zwei Jahren, bis auf wenige Ausnahmen, wieder aufgebaut, da die Abgebrannten mit den so reichlich sowohl vom In- und Ausland geflossenen Kollektengeldern unterstützt wurden, welche eine Summe von 64 898 Florin nach hohem Regierungsausschreiben vom 29. November 1857 betrugen. "Möge der Herr diesen edlen Gebern vergelten, was sie Gutes an den armen Abgebrannten getan haben."