Nordhalben: "Wir hoffen, dass es nie wieder Krieg gibt"- mit diesen Worten beendete die Zeitzeugin Anni Wachter ihre Aussagen zum Beschuss am 14. April 1945 in Nordhalben. Im Gedenk- und Mahngottesdienst in der vollbesetzten Pfarrkirche gedachte man im Jubiläumsjahr der 850- Jahrfeier der Opfer des Beschusses.
Nach dem Mahnmarsch, der von Bürgermeister Josef Daum mit einer weißen Fahne angeführt wurde, begrüßte Pfarrer Hans Martin die zahlreichen Gottesdienstbesucher. Wie er sagte, erinnert man sich im Jubiläumsjahr an viele Ereignisse und Geschichten in der 850- jährigen Historie. Mit dem Mahngottesdienst und dem Friedensgebet gedenke man der tragischen Ereignisse in der jüngsten Geschichte. Auf den Tag vor genau 59 Jahren sind durch den Angriff der Alliierten 13 Männer, Frauen und Kinder durch den Beschuss auf Nordhalben ums Leben gekommen. Nicht vergessen sollte man auch die schrecklichen Meldungen, welche uns heute täglich über Radio, Fernsehen und Zeitungen aus aller Welt erreichen. Viele empfinden Angst und Sorge, sind unsicher oder leiden darunter, so der Pfarrer. Die Christen würden aber auch in ihrer Verantwortung die Botschaft von Gerechtigkeit, Frieden und Wohlergehen für alle Menschen verkünden. Es wird, so Pfarrer Martin in seiner Predigt, viel für Frieden und Gerechtigkeit getan. Viele Bemühungen verlaufen aber auch im Sand oder scheitern an politischem Eigennutz und Machtpoker. Nicht zuletzt auch am Hass und an der Unversöhnlichkeit der Menschen. In einer Tondokumentation berichteten Zeitzeugen über die Tage um den 14. April 1945. Der Ort hatte keine weiße Flagge gehißt und wurde deshalb Zielscheibe der Amerikaner. Bereits am 13. April haben diese einige Warnschüsse abgegeben und am 14. April "richtig zugeschlagen". Anni Wachter sagte, sie habe eine unheimliche Angst gehabt und sich bereits an Tag vor dem schrecklichen Geschehen mit ihrer Familie in einem Keller versteckt. Gegen 22.00 Uhr gab es in ihrem Lager einen riesigen Schlag und alles war schwarz. Später habe sie sich durch die Toten gewühlt, um selbst Hilfe für ihre Verletzungen zu bekommen. Von hellen Blitzen und einen Radau im Ortskern berichtete der damals 15- jährige Rudolf Ruf sen. Von "außerhalb" habe er gesehen wie die Granaten in der Ortsmitte in mehrere Wohnhäuser einschlugen. Eine andere Zeitzeugin berichtete von Tieffliegern bereits am 12. April, als sie mit ihren Eltern das Kartoffel legen war. Viele Familien seien mit den Alarmübungen bereits vertraut gewesen und haben sofort Unterkunft in Luftschutzkellern gesucht. Am "Angriffstag" sei ein Flieger langsam über Nordhalben gekreist und habe die Situation genauestens beobachtet. Erst als ein Mann den Mut aufbrachte und mit einer weißen Fahne zur Fichtera rannte, stellte man den Beschuss ein. Dieser Mann hat Nordhalben gerettet, "die hätten uns zusammengehauen", waren sich die Zeitzeugen einig. Auch beim Einmarsch, gingen die Amerikaner hart zur Sache, auf einem Cheep "präsentierten" sie den damaligen Bürgermeister als Geisel. Insgesamt wurden durch 56 Granateinschläge 20 Gebäude in Flammen gesetzt oder beschädigt. Nordhalben hatte 13 Todesopfer zu beklagen, elf allein in einem Anwesen, darunter auch ein vierjähriges Kind. Anhand von Aufnahmen aus der heutigen Zeit wies man in der Bilddokumentation nochmals auf die damals betroffenen Häuser hin. Auch das Gotteshaus blieb nicht verschont und wurde durch eine Panzergranate, welche sich als Blindgänger erwies, getroffen. Mitgestaltet wurde der Gottesdienst von der Gruppe "N`Church". Im Anschluss traf man sich vor dem Gotteshaus zum symbolischen Friedensmahl bei Wein und Brot. mw
Die 75- jährige Anni Wachter trat nicht nur als Zeitzeugin in der Bilddokumentation auf, sondern verlas im Gedenk- und Mahngottesdienst auch eine Fürbitte für die Verstorbenen des Beschusses. Foto: Michael Wunder