– von Michael Wunder –
Aus dem Verkündigungsbuch von Pfarrer Stadter
Pfarrer Johann Stadter vermerkt im Verkündigungsbuch "Trauriges Osterfest für die Bewohner Nordhalbens! Keine Kirche, keine Paramente, keine Wohnungen! Jammer, Not und Elend. Am 19. März früh 2 Uhr brach in einem Hause in der Nähe der Marienkapelle Feuer aus, ohne die Entstehung desselben ermitteln zu können. Dieses Element griff so schnell und wütend um sich, dass es sich
sogleich im ersten Hause sein Opfer auserkorte. Die Magd verbrannte, und die übrigen Bewohner desselben retteten nur das nackte Leben. Die Flamme leckte von einem Hause zum anderen, und fand reichliche Nahrung an den von der Märzenluft ausgetrockneten Schindeldächern und an den aus Holz erbauten Wohnungen. Das Wasser mangelte, die Feuerhaken verbrannten. Daher kam es, dass der ganze Marktflecken samt Kirche, Pfarrhaus und Landgericht in einer Stunde in voller Feuerglut stand, und in der anderen Stunde zusammenstürzte und der Erde gleich war. An Rettung von Habseligkeiten aller Art konnte nicht gedacht werden. Aus der Kirche wurde vom Pfarrer das Sanctissimum mit der Monstranz und dem Ciborium unter den Zusammenstürzen des Turmes gerettet. Außer dreier silberner Kelche, einigen Messgewändern, wovon jedoch die Kelchgedecke verbrannten, musste alles den Flammen preisgegeben werden.
Am hl. Osterfeste wurde das hl. Messopfer in der Kapelle bei der Dorschenmühle (Thomasmühle) im Grunde mit tiefer Rührung dargebracht, wozu der Hochwürden Herr Dechant Grohe in Steinwiesen ein altare portatile gefälligst übersendete. Von nun wurde die ganze Woche hindurch die hl. Messe dort selbst gelesen." Am Weißen Sonntag, 30. März, wurde um 9 Uhr eine hl. Messe in den Ruinen der Pfarrkirche unter dem noch stehenden Chorgewölbe gefeiert. Am 30. Oktober 1859 findet sich im Verkündbuch der Vermerk:
"Am künftigen Sonntag ab dem 6. November wird, mit Erlaubnis des hochwürdigen Generalvikariats Bamberg, die hiesige Pfarrkirche durch den hochwürdigen Herrn Dechant Herberich zu Teuschnitz zum gottesdienstlichen Gebrauche benediziert. Nach der Benedikion folgen dann die Festpredigt und das feierliche Hochamt. Bemerkt wird, dass vor Vollendung der Benediktion niemand in die Kirche gehen und sich dort aufhalten darf. Die hiesigen Pfarrkinder werden hiervon auch die Auswärtigen verständigen, damit es nicht am Ende heißt: sie seien ausgewiesen worden. Die Consecration dieser Kirche wird voraussichtlich im nächsten Jahre durch Seine Exzellenz, den Hochwürdigsten Herrn Erzbischof von Bamberg vorgenommen werden".
Die Spendefreudigkeit des Bayernvolkes
Einer weiteren Quelle ist zu entnehmen, dass König Maximilian II. den durch den Brand geschädigten Einwohnern sofort 2 500 Gulden zur Verfügung stellte, die unter den Hilfsbedürftigen verteilt wurden. Die Hilferufe, die hinaus ins Land gingen, verhallten nicht ungehört. Die Regierungsstellen riefen zu Sammlungen auf, auf den Kanzeln sprach man von der Not in Nordhalben, Gemeinden und nicht zuletzt auch die Zeitungen riefen zu Spenden auf. Der Erfolg war groß und die Spenden wurden schnell gegeben, so dass auch rasch geholfen werden konnte. Insbesondere die armen Gegenden des Frankenwaldes gaben reichlich und fast keine Gemeinde schloss sich aus, so dass mit Stolz vermerkt wurde: "Es ist ein Ehrenblatt in der Geschichte Bayerns, dass es damals über 80 000 Gulden aufbrachte." Interessant dürfte auch sein, dass nicht alle Spenden für die Allgemeinheit der Abgebrannten gegeben wurden, sondern nur gewissen Personen bzw. Zünften (Handwerkern) zugute kamen. Die Seifensieder von Regensburg bestimmten ihre Spende ausdrücklich für die hiesigen Seifensieder. Da Nordhalben aber nur einen hatte, bekam dieser alles. Die Schuhmacher von Weilheim und Vilsbiburg spendeten auch nur für ihre hiesigen Kollegen und nicht anders machten es die Schneider von Weilheim, die Metzger von Hofheim, die Weber von Tegernsee und die Sattler in Landshut.
Als zwei Jahre nach dem Brand der Vorsitzende des Hilfskomitees, Landrichter Martin, die Schlussrechnung vorlegte, erwies sich, dass die Nordhalbener mit dem Geld nicht nur ausgekommen waren, sondern auch noch 1 900 Gulden gespart hatten. Nun konnte auch der Lehrer wieder sein Gehalt bekommen, denn in den schweren Jahren vorher war das nicht möglich, einmal musste er sogar mit 25 Gulden aus den Sammlungen für die durch den Brand Geschädigten unterstützt werden. Eine Frau, die mit Zwillingen im Kindsbett lag, erhielt vier Gulden, Georg Wachter vom Rüblesgrund, der beim Brand den Arm gebrochen hatte und den Doktor nicht bezahlen konnte, bekam zwölf Gulden.
Abschließend wurde festgestellt:
"Der Ort blühte auf. Der kameradschaftliche Sinn des Bayernvolkes hatte jedem der Abgebrannten sein Häuschen wiedergegeben und bald waren die Schrecknisse jener Nacht vom 19. März 1856 vergessen."
Ob letztere Anmerkung zutraf, darf aus heutiger Sicht auch nach 150 Jahren doch sehr bezweifelt werden. Zum Gedenken an das große Unglück werden heute nachts um 2 Uhr die Glocken der beiden Nordhalbener Gotteshäuser läuten.