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Die Nordhalbener Geschichte ist um ein weitere Stück reicher
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Erstellt am Dienstag, 23. März 2010 20:23
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Geschrieben von Michael Wunder
Nordhalben: Ziemlich genau zu seinem 80. Geburtstag konnte das 300 Seiten umfassende Buch „Erinnerungen Nordhalben 1930 bis 2000“, in welchen Heinrich Pöhnlein (Christophs- Heiner) siebzig Jahre seines Lebens umschrieb veröffentlicht werden.
Im vollbesetzten Saal des „Hotel zur Post“ stellten die Herausgeber Dr. Harald und Horst Wunder nach einem kurzen Grußwort des Obmanns des Frankenwaldvereins Hermann Schwarz und des Verfassers Heinrich Pöhnlein das Werk vor. Wie Hermann Schwarz sagte, sei der Frankenwaldverein froh, dass sich in den letzten Jahren Heimatfreunde gefunden haben, welche das Kulturgut pflegen und binnen kürzester Zeit mit drei Büchern dieses auch für die Nachwelt erhalten. Heinrich Pöhnlein erinnerte an die schwere Kriegszeit, wo die Kinder und Jugendlichen bei den Bauern Rüben stehlen mussten, um überhaupt etwas zum Essen zu haben. Genaue Erinnerungen habe er noch an den Tag des Beschusses durch die Amerikaner, wo in seinem Elternhaus die Idee mit dem weißen Betttuch als Flagge kam. Erst nach dem hissen der weißen Flagge wurde das „Feuerwerk“ eingestellt, sagte Heinrich Pöhnlein. Aber auch einige Wilderergeschichten wusste der leidenschaftliche Jäger eingangs der Buchvorstellung zu erzählen.
Dr. Harald Wunder dankte zunächst dem Verfasser für die Überlassung des Manuskripts, welches in zwei Versionen vorlag. Die ursprüngliche handschriftliche Fassung – überschrieben mit „Lebenserinnerungen von Heinrich Pöhnlein“ – wurde 2000 bis 2003 vom Verfasser selbst niedergeschrieben und umfasste 206 Seiten. Die zweite Fassung wurde maschinenschriftlich von Gerd Daum, einem Neffen des Verfassers, in den Jahren 2003 bis 2005 angefertigt. Den Wortlaut der Urfassung weitgehend wahrend, ordnete dieser den Text thematisch, gliederte ihn stärker und versah ihn mit differenzierenden Kapitelüberschriften. Dieser 102 Seiten umfassenden Version wurde der Titel: Heinrich Pöhnlein (Christophs-Heiner) Landwirt aus Leidenschaft, Forstwirt aus Verantwortung, Gastwirt aus Geselligkeit, Lebenserinnerungen aus dem Frankenwald vorangestellt. Die Herausgeber griffen für die als Buch gebundene Veröffentlichung auf die handschriftliche Urfassung zurück, folgten dem vorhandenen Konzept, fügten jedoch immer wieder ausführliche Ergänzungen und Gegebenheiten ein. Der Text wurde im Ganzen nochmals strukturiert, chronologisch zugeordnet und mit entsprechenden Kapitelüberschriften versehen. Die Aufzeichnungen des Christophs- Heiner waren ursprünglich nur als Chronik der Familie Pöhnlein gedacht und hatten eine rein persönliche Zweckbestimmung.
Die autobiografischen Aufzeichnungen
Die Niederschrift beginnt mit einem Kapitel über die Eltern des Autors. Während kleinere Erinnerungsfetzen des Autors noch in die späten Dreißigerjahre zurückreichen, werden seine Berichte über seine Kindheit im Krieg wesentlich dichter und erreichen dann mit dem Erlebnissen des erst Fünfzehnjährigen beim HJ-Volkssturm in den letzten Kriegstagen eine besondere Dramatik. Es folgt die Beschreibung der harten und turbulenten Verhältnisse in der Nachkriegszeit und beim Neubeginn 1948. Hier wird auch die Erinnerung an einen engen Freund des Verfassers festgehalten. Vor allem aber wird geschildert, wie aus der zunächst durchlässigen Zonengrenze, die auf einem Teil der Nordhalbener Gemeindegrenze verlief, später der praktisch unüberwindbare Eiserne Vorhang wurde, der einst zu Welten trennte. Hierzu wusste der Christophs- Heiner eine Fülle von oft dramatischen und menschlich sehr nahe gehenden Geschichten zu erzählen, die sich allein in dem kleinen Nordhalbener Grenzabschnitt zugetragen haben. Von früherer Jugend an hatte der Autor in der elterlichen Gastwirtschaft immer Gelegenheit, den Erzählungen der Gäste über vergangene Zeiten zuzuhören. Vieles erfuhr er darüber auch von seinem Vater. So blieb es nicht aus, dass sich ihm schon als Buben eine ganze Reihe höchst abenteuerliche Geschichten einprägten, vor allem solche, die man sich aus der Zwischenkriegszeit über Wilderer und Förster erzählte. Ausführlich skizzierte er in mehreren Abschnitten das kleinbäuerliche Leben, so wie es früher bis etwa 1960/70 den Jahresablauf in der Gemeinde mitprägte: Getreidemähen und Dreschen, Grasmähen mit der Sense, Gemeindebullen und Kuhkalben, Hausschlachtungen, dazu Brotbacken, Beerenholen und „Straahcken“ ebenso wie Ährenlesen, „Örfelstupfeln“ und „Kratzen“, nicht zu vergessen das Klöppeln und Filetsticken als Heimarbeit. Natürlich fehlen die Fuhrleute mit ihren Pferde- und Ochsengespannen, die Flößer und das abenteuerliche Flößen nicht. Den Fuhrleuten und Flößern war der Christophs- Heiner durch seine eigene Arbeit besonders eng verbunden. Er erinnert auch an alte Nordhalbener Originale, an längst vergessene Kinderspiele, an Bräuche bei Beerdigungen, sowie im kirchlichen Leben an den so genannten Männersonntag und die Ordensfrauen. Ein großes Kapitel ist schließlich den 13 Mühlen gewidmet, überwiegend der Schneidmühlen, die es einst hier in der Umgebung an der Ködel und Rodach gegeben hat. Über manchen „Schneumüller“ sowie über das teils stille, teils dramatische Ende dieser Mühlen konnte er meistens noch eigene und sehr persönliche Erinnerungen beisteuern. Auf seinen besonderen Wunsch hin wurde hier noch ein Stimmungsbild über das Ködeltal bei der ehemaligen Fichteramühle von Thomas Wachter eingefügt. Zum Schluss griff Heinrich Pöhnlein aus seinem eigenen Erleben Themen der jüngeren Vergangenheit auf, die in Nordhalben heute noch Stoff für Diskussionen liefern. Es genügen hier die Stichworte Bau der Ködeltalsperre und der Nordwaldhalle sowie das Scheitern der Pläne für Flurbereinigung und Dorferneuerung.
In einem kurzweiligen Abendprogramm verlasen die beiden Brüder kurze Kapitel, meist mit einem „humorigen Anstrich versehen“ aus dem Buch. So gingen sie in professioneller Art auf die Nordhalbener Originale, die Kirchengeschichten mit den hartnäckigen Sündern und alten Bräuche ein. Besonders Interesse erweckte auch das Kapitel der Grenzöffnung, weil hier der gastgebende Frankenwaldverein mit der ersten Wanderung nach Titschendorf in geschichtlicher Rolle mitspielte. mw
Der Herausgeber Dr. Harald Wunder stellt das Buch „Erinnerungen Nordhalben 1930 – 2000“ vor, links der Verfasser Heinrich Pöhnlein. Foto: Michael Wunder
Herausgeber Dr. Harald Wunder und Verfasser Heinrich Pöhnlein Fotos: Michael Wunder
Der Frankenwaldverein Nordhalben lud mit Obmann Hermann Schwarz (rechts) zur Vorstellung eines weiteren Nordhalbener Buches ein. Im Bild der Verfasser Heinrich Pöhnlein (links) und der Herausgeber Dr. Harald Wunder. Foto: Michael Wunder