Schlagzeilen:

Ein Ratsmitglied verlies die Sitzung nach großer Schreierei

Tschirn: Die Wogen schlugen bei der auf einen Tagesordnungspunkt beschränkten Sitzung von Gemeinderat und Vorstandschaft der Teilnehmergemeinschaft hoch. Nach hitzigen Wortgefechten und einer knappen Abstimmung von 5:3 lagen bei einigen Räten die Nerven blank.

Dies gipfelte sich darin, dass Gemeinderat Thomas Förtsch vorzeitig die Sitzung verließ. Nach den Worten: „Diese Hanskasperei, diesen Kindergarten mache ich nicht mehr mit, ich schäme mich den Gemeinderat anzugehören“, war er auch schon verschwunden. Die angespannte Lage zieht sich bereits durch mehrere Sitzungen durch und gipfelte mit dem Auszug des Gemeinderats Thomas Förtsch. Er, der selbst in der Gemeinde als Vorarbeiter beschäftigt ist und dort auch vom politischen Gegner anerkannt wird, brachte es, nach einer aus den Bahnen laufenden Diskussion mit seiner Aussage auf dem Punkt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit haben diejenigen, die dies Fiasko zu verantworten haben nicht auf das sonst zurückhaltende und sachliche Ratsmitglied Thomas Förtsch abgezielt. Die an den Tag gelegte Taktik, welche in der jüngsten Sitzung erneut deutlich wurde, hat damit auch nicht den richtigen getroffen, wohl aber den, der in einer derartigen Situation die schwächsten Nerven hat. Gleichzeitig muss man Thomas Förtsch – der der sich in vielen Bereichen immer für die Bürger in Tschirn einsetzte – Mut Bescheinigen, denn als Beschäftigter der Gemeinde aufzustehen und Gegenüber den Bürgermeister und seinen Chef von Hanskasperei und Kindergarten zu reden bedarf sicherlich auch einer gewissen Courage.

Was war geschehen: Die Gemeinderäte lieferten sich gegenseitig eine Auseinandersetzung, wobei scheinbar die Höhe der Tonlage das entscheidende Kriterium war. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass, der am lautesten schreit das Rededuell für sich entscheidet. Anlass war die Platzgestaltung zwischen Lehenstraße und Gartenstraße, welche als letzte Maßnahme der Dorferneuerung noch nachgeschoben werden sollte. Nachdem der Vorstandsvorsitzende der Teilnehmergemeinschaft Walter Nüsslein auf die erstmalig ins Auge gefasste Planung aus dem Jahr 1998 verwiesen hatte, stellte Planer Thomas Kleylein einen ersten Entwurf vor. Dieser möchte einen der beiden jetzigen Wege einsparen und nur noch eine breitere Straße im dortigen Bereich anlegen. Ein Brunnen unterhalb des ehemaligen Milchhäuschen, Pflaster- und Grünflächen sollen den Bereich auflockern. Nach der Ankündigung des Planers im Bereich zur Gartenstraße zwei Carports zu errichten, schlugen ihn der „Wind und die Schneestürme“ recht schnell entgegen. Mehrere Räte sahen darin nicht die Lösung des Problems und führten die harten Winter im Frankenwald als Gegenargument an. Während Christian Alber sich vehement gegen zwei Carport aussprach, weil damit dort wieder alles zugebaut wird, konnte es Peter Hofmann nicht begreifen, dass vorhandene Garagen abgerissen und durch offen Carports zu ersetzten werden. Er forderte die Gesamtkosten der Maßnahme und die zu erwartende Zuschusshöhe. Der Planer nannte dann auch die Kostenschätzung der reinen Baukosten mit 100.000 Euro. Bei den Zuschüssen sollte man nicht zu optimistisch sein, könne aber mit 50 Prozent im Durchschnitt rechnen, ergänzte Nüsslein. Bürgermeister Peter Klinger hielt es für wichtig die unmittelbaren Nachbarn mit einzubinden und nicht über deren Köpfe hinweg zu entscheiden. Gemeinderat Günter Böhnlein sprach als Angrenzer von einer einmaligen Chance, wobei die Wünsche der Anlieger weitgehend berücksichtig wurden. Gerhard Scherbel von der Vorstandschaft der Teilnehmergemeinschaft, die sich in den Wortmeldungen sehr zurückhielt, sah eine Zweckmäßigkeit der Carports nicht gegeben und sprach sich ebenfalls für abschließbare Garagen aus. Nach einen mehr als wilden durcheinander gelang es dem Bürgermeister schließlich im dritten Anlauf einen Beschlussvorschlag zu formulieren. Zuvor verwies er noch darauf, dass in den letzten Jahren wesentlich größere Maßnahmen nicht so lange diskutiert wurden. „Die Skeptiker waren schon immer unter uns“, sagte er im Hinblick, dass doch zu erwarten war, dass nicht alle seinen Vorschlag folgen würden. Schließlich fasste man mit 5:3 den Grundsatzbeschluss die Maßnahme weiter zu verfolgen und bezüglich der Carports nochmals zu überplanen. Gemeinderat Stefan Hofmann, der sich zum Schluss der 90-minütigen Debatte lautstark einbrachte, dürfte mit den Worten „Gott sei Dank ist es bald vorbei“ nicht die Maßnahme, sondern die im nächsten Jahr zu Ende gehende Wahlperiode gemeint haben. Der sichtlich unzufriedene Bürgermeister Peter Klinger beendete dann auch die Sitzung, obwohl er vor hatte noch ein wichtiges Thema anzusprechen. „Wenn ein vernünftiges Diskutieren nicht möglich ist, kann man unmöglich so wichtige Themen wie die Einkaufsmöglichkeiten vor Ort ansprechen“, verwies er auf sein vorhaben. mw

Bild 1

Auslöser der heftigen Wortgefechte im Tschirner Gemeinderat waren vor allem die erst vor kurzen sanierten Garagen. Vorgesehen ist, diesen Bereich im Zuge der Dorferneuerung umzugestalten und anstelle der alten Garagen neue Carports zu errichten. Foto: Michael Wunder