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Nie wieder Krieg

Nordhalben: Bedrücktheit, Trauer, Wehmut, aber keinen Hass gab es bei der KAB-Veranstaltung anlässlich des Beschusses auf Nordhalben vor genau 70 Jahren. Mit Zeitzeugen und einer Präsentation zeigte man den Besuchern, darunter auch viele junge Mitbürger, die Geschehnisse um den 14. April 1945 auf.

Wie Georg Simon, der auch eine Präsentation angefertigt hatte, sagte, müsse man die schrecklichen Geschehnisse insbesondere er Jugend näher bringen. Der damals fünfjährige könne sich an verschiedene Aktionen selbst noch gut erinnern, andere habe er von ehemaligen Bürgern auch später erfahren. Viele Männer aus der Gemeinde waren damals mit unsicherem Aufenthalt eingezogen worden. Über Jahre verrichteten sie Dienste, ohne dass man zu Hause wusste wo sie gerade seien. Sind Soldaten gefallen, habe die Gemeinde eine Nachricht erhalten, von dort wurde die Mitteilung an die Familien weiter getragen. „Es hat schon vorher rumort, von einer heilen Welt waren wir weit entfernt, meinte Simon. Am Weißen Sonntag, es war der 8. April, haben nicht einmal die Glocken geläutet. Zwei Tag später sei ein Soldat zum Tode verurteilt worden. Das Standgericht Helm habe unter Anwesenheit des örtlichen Pfarrers Fiedler die Hinrichtung bei der Fichtera durchführen lassen. In den folgenden Tagen seien auch Warnschüsse abgegeben worden, wusste Georg Simon zu berichten. Die Amis seien dann über Wilhelmsthal und Tschirn nach Nordhalben vorgestoßen. „Panzersperren“ in Form von gefällten Bäumen stellten überhaupt kein Hindernis dar, meinte Simon. Am Samstag gegen halb zehn Uhr begann dann der Beschuss auf den Kernbereich von Nordhalben. Binnen kürzester Zeit, die Bombardierung dauerte rund eine Stunde, standen verschiedene Gebäude in Flammen. „Wir haben uns im Keller unserer ehemaligen Werkstatt versteckt, da fühlten wir uns am sichersten“, meinte Georg Simon. Dass dies nicht so war, musste man kurze Zeit später feststellen, ein Granatsplitter hatte seinen einjährigen Bruder in den Armen seiner Mutter am Kopf getroffen und getötet. Anni Wachter, die im Keller eines in der Nähe liegenden Wohnhauses war, musste mit ansehen, wie elf Menschen ums Leben kamen. Aus gesundheitlichen Gründen konnte Anni Wachter leider nicht selbst über ihr Schicksal berichten. Sie war damals eine der vier Personen, welche den Einschlag einer Granate überlebt hatte. Betty Querfurth die in unmittelbarer Nachbarschaft wohnte, sei in den Wald bei der Fichtera geflüchtet. „Elf Tote, mit denen ich noch eine halbe Stunde vorher gemeinsam auf dem Benkla gesessen hatte, sind bis heute nicht vergessen“, so die damals elfjährige. „Ich habe noch heute das Bild vor Augen und schaue nicht in so ein Kellerfenster der Nachbarn, es war einfach furchtbar“, sagte sie mit ruhiger Stimme. Glück hatte ihr Vater, dieser trug einen Blindgänger auf einer Schaufel aus der Kirche. Obwohl dieser heiß war und gedampft hatte explorierte er glücklicherweise nicht. Der älteste der Zeitzeugen Hans Köstner war zum Zeitpunkt des Beschusses schon „außer Gefecht“. Der heute 86- jährige war einige Tage vorher einberufen worden und wurde von einem Splitter am Fuß verletzt. Die Mutter von Ilse Dauer hatte am Tag des Beschusses entbunden, ihre bereits verstorbene Schwester wäre am Dienstag 70. Jahre alt geworden. Heinrich Pöhnlein las über die letzten Kriegstage aus seinen Buch. Manfred Köstner von der KAB zeigte sich erfreut über den großen Besuch. Ohne großartige spektakuläre Plakate habe man auf die Veranstaltung hingewiesen, meinte er. Die Moderation hatte Bernd Sorgenfrei übernommen. mw

2015 - 70. Jahre Beschuss I (14.04.15)

Die Zeitzeugen (v.l.) Georg Simon, Ilse Dauer, Betty Querfurth, Heinrich Pöhnlein und Hans Köstner, berichten über die letzten Kriegstage in Nordhalben vor 70 Jahren. Foto: Michael Wunder

2015 - 70. Jahre Beschuss III (14.04.15)

Großes Interesse weckte die Informationsveranstaltung über den Beschuss vor 70 Jahre, zu dem die KAB ins Jugendheim eingeladen hatte. Foto: Michael Wunder