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Gewalt an Frauen war Thema bei der Frauenunion

Kronach: Kronach - „Alle drei Tage tötet in Deutschland ein Mann eine Frau.“ Mit dieser schockierenden Zahl leiteten die Kreisrätinnen Susanne Heinlein und Marie-Therese Wunder die von der Frauen-Union Kreisverband Kronach initiierte Veranstaltung „Wohin bei Gewalt? Hilfe für Frauen bei Gewalt in der Familie und Partnerschaft“ ein.

Die wichtigsten Anlaufstellen für bedrohte Frauen sind Frauenhäuser und Fachberatungsstellen. Deren Arbeit stellten die Coburger Mitarbeiterinnen und Vorstandsfrauen des Vereins „Keine Gewalt gegen Frauen e.V.“ vor. „Der Gewaltbegriff verändert sich. Von körperlicher Gewalt geht es deutlich hin zu psychischer Gewalt wie Schikane, Drohungen, Isolation oder Stalking.“ Natalie Mozzo, Leiterin des Coburger Frauenhauses, und Julia Ziegler, Fachberaterin beim Frauennotruf Coburg, präsentierten das neueste Angebot der Fachberatungsstelle: auch in Steinbach am Wald ist ab sofort persönliche Beratung für Gewaltbedrohte möglich. Darüber hinaus stünden die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses, die für die Stadt Coburg sowie die Landkreise Coburg, Kronach und Lichtenfels zuständig sind, als einzige Fachstelle 365 Tage im Jahr rund um die Uhr zur Verfügung. „Sie können sich als Betroffene, Angehörige, Fachpersonal oder als aufmerksame Mitmenschen an uns wenden“, erläuterte Julia Ziegler. Weiterhin nehme Präventionsarbeit einen zunehmend größeren Stellenwert ein. „Schon im Kindergarten müssen wir die Sozialkompetenz stärken!“ Letztlich kämen ins Frauenhaus verstärkt die Frauen, die durch das soziale Raster fielen und keine Alternativen hätten, so Natalie Mozzo. „Herkunft, Alter, soziale Schicht: Aus allen Kategorien sind Frauen von Gewalt gleichermaßen bedroht oder betroffen.“

Mutig berichtete Kathrin Roth, Kreisvorsitzende der Frauen-Union Lichtenfels, von ihren persönlichen Gewalterfahrungen. Über drei Jahre lang sei sie Opfer häuslicher Gewalt gegen sie und ihr Kind gewesen. Täglich habe es körperliche und psychische Aggressionen gegen sie gegeben. „Ich war in einem Teufelskreis gefangen und nicht mehr Herrin meiner Sinne“. Erst nach einem Messerangriff habe sie Zuflucht bei der Polizei gesucht. Dankbar erinnert sie sich an die einfühlsame Hilfe dort und die Unterstützung bei der Opferhilfsorgansation „Weißer Ring“. „Aus Angst um meine Familie und aus Scham habe ich jahrelang geschwiegen. Heute will ich anderen betroffenen Frauen Mut machen, Hilfe zu suchen.“ Professorin Veronika Hammer vom Lehrstuhl für Soziologie an der FH Coburg berichtete von einem Projekt namens „Wohnen für Frauen und Kinder in Umbruchsituationen“, das vor 20 Jahren in Kronach durch die „Soziale Stadt“ durchgeführt worden war. Obwohl das Projekt so erfolgreich gewesen sei, habe man das Haus nach dem Wegfall der Fördermittel schließen müssen. „Die Notwendigkeit eines geschützten Raums für Frauen und Kinder ist dringend geboten, aber neue Projekte müssen langfristig, gerade auch bei der Finanzierung, angelegt sein. Sabine Gross (SPD) Kreisrätin und LCC-Verwaltungsrätin, bezeichnete den Rückkauf von 644 Wohnungen durch den Lucas-Cranach-Campus als größten sozialen Glücksfall. „Die große Zahl an Sozialwohnungen erlaubt uns auch soziale Wohnprojekte zu initiieren.“ Zwei Projekte würden durch die Mitglieder des Verwaltungsrats bereits konkret durchdacht. Zum einen soll es Unterkunftsmöglichkeiten für Wohnungslose geben, zum anderen soll für gefährdete Frauen ein geschützter Ort angeboten werden. „Hier handelt es sich um einen sogenannten Second Stage, also um die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus. Wir wollen mit einem niederschwelligen sozialpädagogischen und psychologischen Angebot den Frauen einen Weg zurück in ein ‚normales‘ Leben ermöglichen.“ Übrigens solle auch noch ein drittes Projekt in Angriff genommen werden, dass sich um von Gewalt bedrohte Männer kümmern wolle, denn auch dies sei ein großes, verdecktes Problem. Karin Pfadenhauer, Geschäftsführerin der Diakonie Kronach-Lichtenfels, betonte, dass Gewalt gegen Frauen ein sich durch alle Gesellschaftsschichten ziehendes Problem sei. „Schuldgefühle der Frauen und ihre Scham lassen sie jedoch viel zu lange schweigen.“ Die Geschäftsführerin zeigte sich glücklich über das zusätzliche Angebot, das vom LCC initiiert werde. „Die Diakonie und ich persönlich stehen voll dahinter. Bei uns rennen Sie damit offenen Türen ein.“ Angela Platsch, eine der drei gleichberechtigten Vorsitzenden des Vereins „Keine Gewalt gegen Frauen e.V.“ berichtete von ihren Bemühungen um einen dringend nötigen Neubau des Coburger Frauenhauses. „Leider ist ein Frauenhaus keine Pflicht-, sondern eine freiwillige Aufgabe der Kommunen.“ Auch eine Bundesförderung habe nicht funktioniert. „Nun ist ein privater Investor gefunden worden und die intensiven Gespräche mit allen möglichen Stellen laufen auf vollen Touren.“ Platsch betonte weiter: „Schön wäre es, wenn wir das Frauenhaus gar nicht bräuchten. Aber diese Hoffnung haben wir leider aufgeben müssen.“ Als Unterstützung übergab Sabine Jaklin für den FU-Ortsverband Neuses eine großzügige Spende. Die Kronacher FU-Kreisvorsitzende Sibylle Fugmann dankte abschließend allen Fürsprecherinnen der von Gewalt bedrohten Frauen und in Kronach besonders den parteiübergreifend arbeitenden LCC-Verwaltungsrätinnen für ihre Initiativen und forderte: „Wohnraum allein reicht aber nicht. Sozialpädagogische Betreuung ist dabei genauso wichtig.“

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LCC-Verwaltungsrätin Sabine Gross, Diakonie-Geschäftsführerin Karin Pfadenhauer, Prof. Dr. Veronika Hammer, Gewalt-gegen-Frauen-Vorsitzende Angela Platsch, Fachberaterin Julia Ziegler, Frauenhaus-Leiterin Natalie Mozzo, FU-Neuses-Vorsitzende Sabine Jaklin, FU-Kreisvorsitzende Lichtenfels Kathrin Roth, LCC-Verwaltungsrätin Susanne Heinlein und Kreisrätin Marie-Therese Wunder und FU-Kreisvorsitzende Kronach Sibylle Fugmann. Foto: Ursula Eberle-Berlips

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Frauenhaus-Leiterin Natalie Mozzo, Gewalt-gegen-Frauen-Vorsitzende Angela Platsch, Fachberaterin Julia Ziegler und FU-Neuses-Vorsitzende Sabine Jaklin. Foto: Ursula Eberle-Berlips