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Macht der Borkenkäfer Winterpause?

von Michael Wunder Landkreis Kronach: Wie gefährlich der Borkenkäfer noch in diesem Herbst – der eigentlichen Schlagzeit für Frischholz – ist, wollten wir von den Fachleuten der Region wissen. Wir haben deshalb sowohl die Leiter der beiden Forstbetriebe der Bayerischen Staatsforsten in Nordhalben Fritz Maier und in Rothenkirchen Peter Hagemann befragt. Weiterhin wandten wir uns wegen den kleinen, nur wenige Millimeter großen Waldschädling an Forstdirektor Michael Schneider als Bereichsleiter Forsten des Amtes für Landwirtschaft Kulmbach-Kronach sowie an die drei Privatwaldbetreuer Peter Schmittnägel (WBV Frankenwald), Wolfgang Hoh (WBV Kronach/Rothenkirchen) und Armin Hanke (WBV Rennsteig), welche für die Privatwaldbesitzer zuständig sind. Peter Schmittnägel schilderte die Situation in seinem Revier am schlimmsten. Er habe er während seiner 40- jährigen Dienstzeit niemals nur annähernd einen solchen Borkenkäferbefall gehabt. „Nach dem Sturm Kyrill kommt es nochmals Knüppeldick für die Waldbesitzer“, sagte er. In Steinwiesen sind rund 500 Hektar Waldfläche betroffen, eine Besserung der „Borkenkäferkalamität“ sei auch im nächsten Jahr nicht zu erwarten. Er bedauerte, dass trotz zahlreicher Aufklärungsmaßnahmen durch Medien, der Waldbesitzervereinigungen und in Einzelberatungen viele Waldbesitzer noch nicht erkannt haben wie gefährlich die Situation ist. Die effektivste Maßnahme, nämlich das sofortige Beseitigen des Schadholzes, würden viele Waldbesitzer durch sofortiges reagieren nach dem Erkennen des Schädlings durchführen. Wie er sagte treten aber bereits hier die ersten Probleme auf, weil auch urbane Waldbesitzer (nicht vor Ort wohnende Besitzer) und unwissende hinzukommen. Die „Nachbarschaftshilfe“ durch Informationen von nahe gelegenen Waldbesitzern sei relativ selten, weil auch diese oft die Eigentumsverhältnisse nicht richtig kennen. Zwischenzeitlich werden, um unnötige Zeit verstreichen zu lassen, die Grundbesitzer zeitgleich vom Amt für Landwirtschaft und Forsten in Stadtsteinach und vom Landratsamt Kronach informiert. Säumige Waldbesitzer die verantwortungslos mit der Borkenkäfersituation umgehen, habe man Ersatzvornahmen angedroht. Die Zusammenarbeit mit dem Staatsforsten und den angrenzenden Gebieten bezeichnete Schmittnägel als gut, lediglich mit Thüringen funktioniert dies nicht optimal. Um nicht weitere (ungewollte) neue Ausblicke im Frankenwald entstehen zu lassen müsse die Bekämpfungsverordnung strikt eingehalten werden, sagte der Forstamtsrat. Forstdirektor Michael Schneider vom Amt für Landwirtschaft und Forsten machte den hohen Ausgangsbestand und die trockene Witterung im Mai für die Misere verantwortlich. Wie er weiter sagte, leide die flachwurzende Fichte noch immer an den nicht wieder aufgefüllten Bodenwasservorräten aus dem Trockenjahr 2003. Zunächst habe man im gesamten Landkreis Kronach mit der erneuten Massenvermehrung des Buchdruckers und gegen Ende des Sommers noch dazu gegen den Kupferstecher zu kämpfen. Schwerpunkte des Käferbefalls im Bereich des Privatwaldbetreuers Wolfgang Hoh (WBV Kronach-Rothenkirchen) seien an der fränkischen Linie um Glosberg, am Rauhen Berg in Pressig/Welitsch und im Gehrenwald bei Teuschnitz. Als Brennpunkte im Bereich der WBV Rennsteig bezeichnete Armin Hanke die Gebiete um Ludwigsstadt und Langenau. Wie die Waldspezialisten übereinstimmend feststellten, könne nur eine nasskalte Witterung den Waldbesitzern helfen. Sie rechnen auch im kommenden Jahr wieder mit einem größeren Befall an Borkenkäfern, weil viele Käfernester nicht rechtzeitig ausgearbeitet wurden. Forstdirektor Michael Schneider appellierte „das Prinzip der sauberen Waldwirtschaft“ einzuhalten. Gleichwohl erkannte er die Probleme mit den vielen kleinen aber auch den auswärtigen Waldbesitzern, welche die 14- tägigen Überprüfungen nicht durchführen können. Häufig sei es für den Laien auch schwierig die Symptome wie Bohrmehl, abfallende Rinde oder rote Nadeln rechtzeitig zu erkennen. In vielen Fällen sei nach kurzer Entwicklungszeit der neuen Generation die Jungkäfer bereits ausgeflogen, damit werden dann in „Blitzeseile“ neue Bäume befallen. Der Waldbesitzer und mitunter auch der Grundstücksnachbar haben weitere Verluste, weil das Holz dann weniger Ertrag bringt. Michael Schneider machte auf das „Komplettangebot“ der Waldbesitzervereinigungen aufmerksam. Waldbesitzer die nicht in der Lage sind sollten Aufarbeitung, Holzverwertung und Wiederaufforstung durch Bewirtschaftungsverträge in Hände von „Fachleuten“ legen. Aufgrund des Klimawandels sieht der Forstdirektor nur die Möglichkeit auf Mischbestände umzustellen, um damit das „Betriebsrisiko“ zu minimieren. Von einer durch die Folgen des Klimawandels nachhaltig geschwächten Fichte die weiterhin ein „Angriffsziel“ des Käfers bleibt, sprach Forstbetriebsleiter Peter Hagemann vom Forstbetrieb Rothenkirchen. Effektivste Gegenmaßnahme sei eine saubere Waldbewirtschaftung, welche den Käfer keinen Brutraum lässt. Seitens der Bayerischen Staatsforsten legt man deshalb großen Wert auf eine schnelle und lückenlose „Forstschutzkette“. Im Idealfall würde ein schneller Einschlag der befallenen Bäume, das Rücken des gesamten Baumes, Entrindung und umgehende Abfuhr des Holzes mit parallelem Hacken des gesamten Kronenmaterials nur wenige Tage in Anspruch nehmen. Auch Peter Hagemann sieht mittelfristig nur den Waldumbau mit stabilen Mischwäldern als Lösung des derzeitigen Problems. Im Bereich des Fortbetriebes Rothenkirchen werden deshalb jetzt und im kommenden Frühjahr rund 130 Hektar Forstkulturen mit Buchen, Tannen, Edellaubbäumen und als zusätzliche Nadelhölzer Douglasien und Lärchen angepflanzt. Als „Gebot der Stunde“ bezeichnete er eine enge Zusammenarbeit mit gegenseitiger Information und Unterstützung aller Verantwortlichen und Waldbesitzer. Die Hoffnung in diesem Jahr vom starken Käferbefall verschont zu bleiben habe sich auch im Bereich des Forstbetriebs Nordhalben nicht erfüllt, sagte Forstdirektor Fritz Maier. Nach mehreren „Borkenkäferjahren“ hatte man erwartet – weil vieles an Käfer- und Sturmholz einschließlich der Giebel aufgearbeitet war – dass es nunmehr besser wird. Mitschuld sei nach den Worten von Fritz Maier auch die extreme Trockenheit im späten Frühling und Sommer, wodurch die Fichte nicht mit ausreichend Wasser aus dem Boden versorgt wurde. Die Klimaprognosen für die Zukunft geben diesen Witterungsverlauf auch für die nächsten Jahren wieder, so dass man nunmehr gezwungen sei einen schnellen Waldumbau mit gemischten Wäldern anzugehen. Parallel dazu sind die Schäden durch sofortiges Handeln beim Erkennen des Käfers zu begrenzen. Wie uns der Forstexperte aufklärte, seien bei extremen Verhältnissen junge Käfer bereits vier bis sechs Wochen nach der Eiablage wieder am ausfliegen, weshalb alle Waldbesitzer, ob Staats- Privat- oder Körperschaftswald solidarisch schnellstens zu handeln haben. Häufige Kontrollen, das Erkennen, die schnelle Aufarbeitung und Abfuhr bezeichnete Maier als Schlüssel für das Eindämmen des Käferbefalls. Um den Wert des Frankenwalds auch für die Kinder und Enkel mit allen seinen Funktionen zu erhalten rät der Forstbereichsleiter beim Umbau zum laubholzgeprägten Mischwald die Beratungen der Ämter für Landwirtschaft und Forsten einzubeziehen. mw


Forstamtsrat Peter Schmittnägel (links) überprüft mit seinen Mitarbeiter Sebastian Hess Rinde in welche der Borkenkäfer Gänge gefressen hat. Im Hintergrund der Hellekamm und der Leitenberg, welche aufgrund der vielen Schäden richtige Lichtungen aufweisen. Foto: Michael Wunder